Auf dem Platz kämpft gerade die stark in die Saison gestartete 1. Mannschaft des „HSV“ in der Kreisliga A gegen Union Wessum um wichtige Punkte in der Meisterschaft. Erneut viele Zuschauer haben an diesem Sonntag den Weg ins Dinkelstadion gefunden. Mittendrin an einer zunächst mit Kaffee und Kuchen gedeckten Tafel sitzen einige bereits dem aktiven (Fußball)Sportalter entwachsene Herren, die zumindest die etwas älteren Anhänger des SV Heek mit glorreichen Zeiten verbinden. Der Vorstand hat die lokalen Fußballhelden eingeladen und viele sind gekommen.
Die damaligen noch lebenden Aufstiegshelden heute; v.l.: Wilfried Kuiper, Josef Böckers, Werner Noak, Hubert Wissing, Bernhard Albers, Ewald Schmeinmg, Alfons Schneider, Hubert Trawinski. Bernhard Middelhoff und Werner Gausling fehlen.
Es sind Mitglieder der damaligen 1. Mannschaft, die am 31.05.1970 – passend zum damaligen Jubiläum – mit einer beeindruckenden Saisonleistung den Aufstieg in die Bezirksliga geschafft hat. Doch es war ein langer Weg bis zum verdienten Triumpf.
Wir haben uns dazugesetzt und ein wenig in den Erinnerungen der „Jungs“ gekramt.
„Das Feuer für den Fußball brennt immer noch“, wenn auch nicht mehr auf größter Flamme“ gibt Werner Noack zu. In lockerer Runde soll über die damalige Zeit gesprochen werden und nach kurzer Zurückhaltung beginnen sie zu erzählen, als wäre es erst gestern gewesen. Doch bevor es losgeht, bedanken sie sich beim Sportverein und dem Vorsitzenden Andreas Oellerich für die Einladung. „Das hat uns alle gefreut und wir sind oft und gerne hier. Natürlich drücken wir der aktuellen Mannschaft die Daumen“ kommt es gleich aus mehreren Ecken des Tisches.
Auf die Frage, wann sich ihre Mannschaft gefunden und wie sie sich entwickelt hat, kramt der langjährige Mannschaftskapitän Werner Noack eine alte Fußballweisheit aus seiner Sporttasche: „Wir waren schon seit der Jugend echte Kumpels, haben immer zusammengehalten, nicht nur beim Sport, sondern auch sonst. Egal was war, man hat sich gegenseitig geholfen – elf Freunde müsst ihr sein, besser noch ein paar mehr“ zitiert er ein wenig Sepp Herberger.Meisterschaftmannschaft aus 1970: v.l. stehend: Wilfried Kuiper, Heinz Kauling, Werner Gausling, Hubert Wissing, Heinrich Epping, Alfons Schneider; v.l. vorn: Josef Böckers, Alfons Janning, Bernhard Middelhoff, Werner Noak, Hubert Travinski, Ewald Schmeing
Hubert Wissing ruft dazwischen „und einen guten Trainer musst du haben“. Ich bohre etwas nach und Hubert spricht den damaligen Trainer Jan Nordkamp an. „Was war an dem so besonders“ will ich wissen und Hubert Wissing antwortet: „Der hat uns das Laufen beigebracht“. Alle lachen und wissen, was er meint. „Der Trainer hatte einen großen Anteil an den späteren Erfolgen der Truppe, das bestätigen auch die anderen.“Wir hatten das Glück, dass wir in Heek ein gutes Gefüge aus erster und zweiter Mannschaft hatten. Jan Nordkamp hat die Mannschaft zu einem Team zusammengebaut und das war ein weiterer Baustein zum Erfolg“ meint Werner Noack. Ich frage nach dem stärksten Mannschaftsteil und Josef Böckers nimmt die Vorlage auf und ruft: „Die Stärke der Truppe war ganz klar die Mannschaft– jeder ist für jeden gerannt“. Es ist auch die einhellige Meinung aller, dass es niemanden gab, der herausragte sondern es war immer eine Leistung der ganzen Mannschaft. Ich gehe nochmal zurück zu den Anfängen und Josef Böckers spricht über Alfons Janning, einen ebenfalls ehemaligen Topfußballer aus Heek: „Alfons – das war für uns eine Art Vaterfigur und ein Vorbild. Ein Kämpfer und gleichzeitig ein hervorragender Fußballer, von dem wir alle viel gelernt haben“. Mittlerweile führt der SV Heek mit 3:1 und die Kaffeetafel weicht jetzt kühlen Getränken am „Ehrentisch“. Ewald Schmiing kommt nochmals auf Trainer Jan Nordkamp zu sprechen: „Von ihm haben wir in Bezug auf Taktik und Feinabstimmung sehr viel gelernt“. „Besonders interessant war, dass der Trainer keinen Führerschein besaß und deshalb bei jedem Spiel von Alfons Samberg abgeholt und wieder nach Hause gebracht wurde„ erinnert sich Werner Noack.
Auf die Frage, ob denn immer alle fleißig beim Training waren nickt die ganze Truppe wie in der Schule. „Ohne Training geht nix und wir hätten das ohne Fleiß nie geschafft“ sind sich wieder alle einig.
Zu den Spielen hat Alfons Schneider eine Geschichte, die wohl heute nicht mehr möglich wäre, oder zu sehr viel Ärger geführt hätte: Auf die Frage, ob denn beim Training fast immer alle da waren fällt Alfons Schneider eine sehr interessante und lustige Geschichte ein „Einige von uns waren bei der Bundeswehr und ab und zu fehlten unserer Mannschaft dadurch Spieler. Franz-Josef Lammers hat dann nicht lange gefackelt und die Jungs im Kofferraum seines Autos aus der Kaserne geschmuggelt. Zur Not musste auch mal ein Wachdienst getauscht, oder mit ein wenig Bestechung beim Wachhabenden nachgeholfen werden. Auf jeden Fall waren für die Spiele immer genügend Fußballer da, wo immer die auch 2 Stunden vorher waren“ so Alfons Schneider. Das Thema Bundeswehr war schwierig, aber die Verantwortlichen des Vereins wussten sich auch bei diesem Thema zu helfen und konnten die Spieler durch geschickte Verhandlungen in Heimatnähe in der Kaserne in Rheine-Bentlage unterbringen.
Wie war das kurz vor Saisonschluss 1970, als das große Ziel zum greifen nah war ? Es geht jetzt ein wenig durcheinander am Tisch. Jeder gibt seinen sportlichen Senf dazu und Werner Noack und Alfons Schneider fassen zusammen: „Wir hatten am vorletzen Spieltag das Spiel bei unserem Verfolger SpVgg Vreden. Im mit 1800 Zuschauern voll besetzen Vredener Stadion wäre ein Sieg die Vorentscheidung gewesen. Die Abwehr hat bereits an diesem Tag ihr Meisterstück abgeliefert und ließ nichts anbrennen. Die Zeitung berichtete damals von allerhöchster Anspannung auch bei den Offiziellen des kleinen, oder jetzt etwas größeren HSV am Spielfeldrand. Als der ersehnte Schlusspfiff ertönte, gab es kein Halten mehr. „Da war der Deubel los“ so Bernhard Albers – zumindest kam diese Feststellung aus seiner Ecke vom Tisch. „So fuhren wir mit einem 1:0 Sieg und mit einigen Stollenabdrücken vom intensiv geführten Match nach Hause. Den Meistertitel und somit den Aufstieg in die Bezirksliga haben wir zwar im Spiel gegen Ammeloe endgültig klar gemacht, aber dieses Spiel gegen Vreden war der Schlüssel zum Erfolg“ so Ewald Schmiing, der das entscheidende 1:0 gegen Vreden geschossen hatte“.
„Nach dem Sieg mussten wir uns erstmal kurz schütteln – es hat ein paar Augenblicke gedauert, bis wir es begriffen hatten“, aber nur ein paar meint Hubert Wissing. Während der Zumdieck-Bus sich mit feiernden Sportlern und Fans in Richtung Heek in Bewegung setzte, hatte sich die frohe Kunde auch ohne Smartphone und Internet bereits bis nach Heek herumgesprochen. Einige Fans waren auch schneller als der Bus und machten sich mit Pinsel, und blau-weißer Farbe auf, das Dorf direkt vor dem Vereinslokal in ihren Lieblingsfarben zu verschönern.
In der darauf folgenden Nacht stand das ganze Dorf Kopf und die Party war am Montag noch nicht zu Ende. Auf dem Spielfeld geht an diesem Sonntag das Spiel mit einem klaren Sieg für die Heeker zu Ende und die Ehemaligen sind beeindruckt, raten aber zu Ruhe und Bescheidenheit. „Wir hätten es am Schluss auch noch versemmeln können. Man braucht Glück, Zusammenhalt und eine wirkliche Mannschaft.
Auch heute noch treffen sich die ehemaligen Fußballer zum Sport, aber jetzt mit dem Fahrrad. Fahrten zum Training im Kofferraum und das Anschieben eines Busses, der einmal wegen Spritmangel auf einer Mannschaftsfahrt bei Borken liegenblieb, gehört für sie heute nicht mehr zum Trainingsprogramm.